(48) Wir machen Pause
Liebe Freund:innen von eins.sieben.drei - ihr habt es festgestellt: wir machen gerade eine längere Pause. Eine Kreativpause, und es soll eine Pause bleiben. In diesem Sinn - auf Wiederhören und herzlich!
Liebe Freund:innen von eins.sieben.drei - ihr habt es festgestellt: wir machen gerade eine längere Pause. Eine Kreativpause, und es soll eine Pause bleiben. In diesem Sinn - auf Wiederhören und herzlich!
Der Vater erhält unverhofft eine Krebsdiagnose, just zu dem Zeitpunkt, als er in Pension geht und der schöne Teil des Lebens beginnen könnte, nach Jahren der Plackerei in einer Fabrik. Die Tochter, die Ich-Erzählerin, nimmt sich ihres Vaters an, vermittelt zwischen kurdischen und deutschen Befindlichkeiten und Wirrnissen und sieht sich mit der eigenen Vergänglichkeit konfrontiert. Ein berührender, manchmal auch lakonisch lustiger, tiefsinniger Roman mit hoher Dichte, finden alle drei: Marion Regenscheit, Lucien Haug und Christoph Keller.
Sie schreiben über ihr Schreiben, und sie geben das Versprechen ab, aufrichtig zu sein: Literat:innen, die Poetikvorlesungen halten. Aber zwischen Anspruch und dem Erzählten liegen oft Welten, weil die Schreibenden dann doch nicht ihr Innerstes preisgeben. Marion Regenscheit, Lucien Haug und Christoph Keller nehmen sich drei solcher Vorlesungen vor, von Nava Ebrahimi, Julia Riedler und Peter Stamm - und kommen zu überraschenden, durchaus marktbezogenen Ergebnissen.
Er ist ein Deutscher, auch als Erwachsener ein Bettnässer und rothaarig, und er kennt die Kunst der Manipulation bis zum Exzess. Sie ist Migantin, etwas unsicher und ebenfalls rothaarig. Die fatale Geschichte von Philipp und Faina erzählt Lana Lux als eine Tragödie, in der jede Person ihre Rolle bis zum Ende durchspielt - Philipp die des besessenen Arschlochs, Faina die des Opfers. Ein Roman, der Neuland betritt, sagt Marion Regenscheit, Lucien Haug wundert sich da und dort über die Zeichnung der Personen, und Christoph Keller findet die Opferrolle der Faina nicht ganz schlüssig.
Sind sie ein Ort, wo junge Autor:innen ihre Texte publizieren können, oder dienen sie der gepflegten Rezension bereits bestandener Autor:innen, oder sind sie ein Experimentierfeld für allerlei literarische Versuche? Wie auch immer wir sie lesen - Literaturzeitschriften sind willkommene, notwendige Stolpersteine in der Literatur, für die Literatur. Christoph Keller hat «Edit» gelesen und ist sehr angetan, Lucien Haug mag «Das Narr», und Marion Regenscheit stellt «Delfi» vor samit einem Rezept mit Huhn.
Er verbringt seine Tage über einem Landschaftsmodell, er spaziert herum, er möchte am liebsten ungesehen blieben. Johann Trost, pensionierter Linienpilot, alleinstehend, ist aus der Zeit gefallen, und auch aus allen sozialen Bezügen. Und wie schmerzlich das sein kann, das zeigt Tine Melzer in ihrem scharfsinnigen Text sehr konzis, findet Lucien Haug, und Marion Regenscheit sagt, dieser Trost sei wohl immer schon ein wenig jenseits der Zeit gewesen, während Christoph Keller gerne mehr gewusst hätte über diesen seltsamen Mann.
Eine schwierige Suche nach dem Vater, eine Reise in die Türkei hin und zurück, und eine Reise zu sich selbst - Deniz Utlu macht es sich nicht einfach in seinem Roman «Vaters Meer». Er folgt den Spuren seines Vaters, der über viele Jahre in einem Locked-In-Syndrom gefangen war und findet immer neue Bruchstücke, die schwierig zusammenzusetzen sind. Ein mäandernder Text, sagt Marion Regenscheit, Lucien Haug fragt sich, was eigentlich Autofiktion ist, und Christoph Keller entdeckt immer wieder neue Metaphern fürs Meer, fast zu viele.
Drei Erzählungen, drei Erzählerinnen und eine Frage: was Erzählungen genau auszeichnet, und warum wir unbedingt mehr davon lesen sollten. Toni Morrison mit «Rezitativ», Lana Bastasic mit «Mann im Mond», Maylis de Kerangal mit «Kanus», sie alle entführen uns in einen ganz eigenen Raum, in dem alles, was gutes Erzählen ausmacht, vor sich geht. Die Wiederbegegnung mit einer authentischen Erzählstimme, sagt Lucien Haug, die ganz besondere Dramaturgie, findet Marion Regenscheit, die Kunst, alles auf einen Punkt zu bringen, sagt Christoph Keller.
Es geht in diesem Roman aus dem Jahr 1922 so zu, wie in einem sehr heissen Sommer heutzutage. Die Menschen gehen baden, sie freuen sich über den schönen Himmel. Doch dieser Hitzesommer wird der letzte sein, denn die Erde stürzt der Sonne zu und wird verglühen. Nur langsam setzt sich diese Erkenntnis bei den Menschen fest, sie halten so lange wie möglich an der Normalität fest. Eine starke, unglaublich aktuelle Erzählung, findet Christoph Keller, Lucien Haug lobt die fast unerträgliche Lakonie Ramuz’, und Marion Regenscheit möchte, dass alle, wirklich alle dieses Buch lesen.
Ein Roman auf Schweizerdeutsch, die Erzählung eines Roadtrips in der Muttersprache, und die Tiefenlotung eines Gemütszustands - das ist die Anlage des Romans «giftland». Dominic Oppliger nimmt uns mit in einem Van, mit einer Rockband quer durch die USA, und mitten hinein in eine Coming-of-Age-Geschichte mit offenem Ausgang und so rhythmisch, wie ein Beat auf dem Schlagzeug. Lucien Haug fühlt sich sprachlich umarmt, Marion Regenscheit entdeckt eine neue Lesart im Schweizerdeutschen, und Christoph Keller fühlt sich sehr schweizerisch bei der Lektüre.